Mittwoch, 15. November 2017

Terrorismus-Index: Gute Nachrichten? Kein Interesse!

Es könnte eine Nachricht sein, die Jubelarien auslöst. Tanzende Menschen in den Straßen und sich überschlagende KommentatorInnen, die eine Zeitenwende heraufdämmern sehen: "Die Zahl der Terroropfer geht zurück."

Zugegeben, oben Beschriebenes wäre nicht angemessen. Es gibt keinen Grund zum Feiern, noch nie waren so viele Länder betroffen wie 2017. Außerdem sind die Ursachen von Terrorismus oftmals kaum im Blickfeld. Nachvollziehbar, da man damit beschäftigt ist, Konflikte mit einem großen Beharrungsvermögen und einem hohen Eskalationspotential zu bearbeiten. Egal ob Irak, Syrien, Afghanistan, aber auch Indien, die Philippinen oder der Maghreb - sicherheitspolitische REaktionen bestimmen das Bild. Strategiedebatte, Prävention (ohne militärische Mittel) und politische Flankierung von Ansätzen und Instrumenten der Friedensföderung kommen nur am Rande vor.

Ein konkretes aktuelles Beispiel ist Raqqa: Der IS wurde vertrieben, doch der militärische Sieg teuer erkauft. Mit zivilen Opfern und Absprachen mit dem IS selbst. Das sind keine Schritte, die Terror effektiv eindämmen.

Dennoch, im vergangenen Jahr starben weltweit 25.673 Menschen bei terroristischen Anschlägen. Das waren 13 Prozent weniger als im Vorjahr und 22 Prozent weniger als noch 2014.

Warum wird diese Nachricht dann nicht genauso Schlagzeile, wie wenn es andersherum wäre? "Opferrekord: Wie der Terror unseren Alltag bestimmt" oder "Noch nie töteten Terroristen so viele Menschen" oder "12 Gründe, warum Du vor Terroristen Angst haben solltest". 

Ein Punkt könnte sein, dass dieser Trend für Europa nicht gilt. 2016 war das tödlichste Jahr in der westlichen Hemisphäre seit 1988, sieht man vom Jahr 2001 mit dem 11. September ab (Gleichzeitig gilt: 99 % aller Todesfälle durch Terrorismus in den letzten 17 Jahren ereigneten sich in Ländern, die sich entweder im Konflikt befinden oder mit hohem politischen Terror behaftet sind).

Darüber hinaus bestätigt sich aber auch hier die Funktionsweise öffentlicher Debatten und medialer Begleitung. Schlechte Nachrichten dominieren, die Nachrichtenzyklen sind extrem kurz und bloße Zahlen und Trends ohne Personalisierung spielen kaum eine Rolle. Zudem ist es schwierig komplexe Probleme mit schwer zu greifenden Auswirkungen zu debattieren. Dann kommt in etwa so was heraus:


Screenshot ZEIT Online, 15.11.2017
Klimawandel ist natürlich ein Paradebeispiel, dort verkommt eine relevante und wichtige Information, die für Aufregung sollte, zur kleinen Meldung. Zwar negativ, jedoch schon zu sehr business as usual. Ähnliches gilt für die "Terrormeldung". Es hilft sicherlich auch, dass Terror darüber hinaus zur Rechtfertigung bei der Weiterentwicklung sicherheitspolitischer Instrumente dient. Ob Vorratsdatenspeicherung oder Überwachung, ohne Terrorgefahr keine Akzeptanz. So rückt auch in der Politik eine informierte Debatte auf der Präfernzenliste nach hinten. Und sicher nicht das dominierende Element, aber auch nicht zu vernachlässigen: ein glänzendes Geschäft ist es eben auch. 

Karte und Daten des Terrorismus-Index gibt es hier.

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